CO2, Klimaschutz, Boden, Gesundheit

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Pfiffikus
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Re: CO2, Klimaschutz, Boden, Gesundheit

Beitrag von Pfiffikus »

Glück Auf Eberhard,
Eberhard hat geschrieben: So 29. Dez 2019, 13:11 Lobbyarbeit von Interessengemeinschaften, besser gesagt von Großkonzernen, ist immer ein Thema und vielfach ausgeübte Praxis. Dort, wo das Geld verdient wird, ist auch Geld da, um Politik, Wissenschaft und Öffentlichkeit massiv zu steuern.
das ist sehr treffend beschrieben. Die Geldsäcke dieses Landes haben hier im Lande das Sagen.
Nur alle vier Jahre wird dem Urnenpöbel mal vorgegaukelt, er hätte etwas zu sagen. Da wird eine Zettelübung veranstaltet, bei dem wir entscheiden dürfen, ob in dieser Quasselbude in Berlin mehr Marionetten mit schwarzen, roten, grünen, gelben oder blauen Mützen spielen. Aber die Hände, die diese Marionetten führen, sind selbstverständlich nicht wählbar. Und welche Politik gemacht wird, steht selbstverständlich auch nicht zur Wahl.


Eberhard hat geschrieben: So 29. Dez 2019, 13:11 Mir ist aus der persönlichen Wahrnehmung heraus auch keine politische Partei oder wahrzunehmende politische Organisation bekannt, die das Thema Kohlenstoffbindung im Boden aufgreift oder allgemein Bodenverbesserung.
Es gibt eben manche Dinge auf dieser Welt, die diese Marionetten nicht dürfen. Vor allem, wenn damit der Profit der Geldsäcke geschmälert würde.
(Ob die Kohlenstoffbindung im Boden zu diesen verbotenen Themen gehört, entzieht sich meiner Kenntnis.)

Eberhard hat geschrieben: Fr 10. Jan 2020, 10:30 Demokratische Präsidentschaftskandidaten in den USA wollen laut Programm mit richtig viel Geld regenerative Landwirtschaft fördern, also jene belohnen, die nachweislich Gutes tun. Man spricht davon, Agrokonzerne zu entmachten, aufzuteilen. Man ist also gedanklich viele Schritte weiter als sich nur in wenigen meist ungehörten Veröffentlichungen zu beklagen.
Darüber dürfen sie gerne vor der Wahl schwafeln. Aber Du wirst einen drauf lassen können, dass sie das nach einer eventuell gewonnenen Wahl definitiv nicht umsetzen dürfen.
Eberhard hat geschrieben: Fr 10. Jan 2020, 10:30 Vielleicht hat jemand Abitur und noch nicht alles vergessen ...
Nicht zu vergessen, der Staatsbürgerkundeunterricht. Da haben wir schließlich lernen dürfen, wie diese Gesellschaftsordnung funktioniert. Erinnerst Du Dich?



Gao hat geschrieben: Fr 10. Jan 2020, 03:11 Haste die Doku schon gesehen Eberhard?
Da muss man sich ned wundern das nichts vorwärts ghet :lol: (wall)

https://www.dw.com/de/gekaufte-agrarpolitik/av-50436389
Ja, zum Beispiel so funktioniert das.
Eberhard hat geschrieben: Fr 10. Jan 2020, 10:30 Beispiel Nitratbelastung: Man sollte solches nicht ignorieren: Das deutsche Nitratmessnetz
Falsch messen und mit falschen Zahlen argumentieren?
Schönes Beispiel, wie sich Landwirte den massiven Gülleeinsatz schön reden können. Dankeschön für den Link auf ein Filmchen, produziert von der Qualitätsgemeinschaft für nachhaltige Düngung und Ressourcenschutz e.V. Auch solche Lobbyarbeit gehört zu dem oben geschilderten Spiel dazu.



Eberhard hat geschrieben: Fr 10. Jan 2020, 10:30 Beispiel: Berechnung, wieviel Gülle und Stickstoffkunstdünger der Acker braucht.
Wenn auf einem Acker jährlich Feldfrüchte geerntet und abtransportiert werden, enthalten diese Protein, also gebundenen Stickstoff. Selbstverfreilich muss der Stickstoffvorrat des Bodens in irgendeiner Weise wieder aufgefüllt werden, sonst werden die Depots im Boden leer und der Boden ist ausgelaugt.
Eberhard hat geschrieben: Fr 10. Jan 2020, 10:30 Statt nur zu diskutieren über Zahlen und somit den Zustand an sich zu zementieren, könnte man doch in seine Überlegungen einbeziehen, dass unsere Luft zu etwa vier Fünfteln aus Stickstoff besteht und somit auf jedem Quadratmeter Boden Tonnen an Stickstoff aufliegen.
Dabei handelt es sich aber um elementaren Stickstoff. Diesen kann die Pflanze allerdings weder über die Wurzeln, noch über die Blätter aufnehmen.
(Nur die Knöllchenbakterien an den Wurzeln von Leguminosen können solchen Stickstoff binden. Aber die stehen während des Getreide- oder Kartoffelanbau nicht zur Verfügung.)
Aus diesem Grunde ist eine angemessene Stickstoffzufuhr sinnvoll, um den Verlust durch Ernte (und Ausschwemmung) auszugleichen.

Eberhard hat geschrieben: Fr 10. Jan 2020, 10:30 Wie sind denn Pflanzen gewachsen, als der Mensch noch nicht gedüngt hat?
Damals sind die Pflanzen noch vor Ort verrottet und wurden nicht abtransportiert. In einem natürlichen Biotop kommen auch Leguminosen vor. Damit kann über die Jahrzehnte und Jahrhunderte viel Kohlenstoff und Stickstoff im Boden gebunkert werden.




Pfiffikus,
der natürlich weiß, dass der Mensch in unserer Natur entbehrlich wäre
Eberhard
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Re: CO2, Klimaschutz, Boden, Gesundheit

Beitrag von Eberhard »

Nur die Knöllchenbakterien an den Wurzeln von Leguminosen können solchen Stickstoff binden. Aber die stehen während des Getreide- oder Kartoffelanbau nicht zur Verfügung.
Diese Weisheit entspricht nicht der Wahrheit, aber durchaus dem Zustand aus "guter fachlicher Praxis": Quorum Sensing und Komposttees, dort die verlinkte Anlage Humus - Nährstoffe - Bodenleben, ab Seite 24 ausführlich zu Der Stickstoff (N) woher kommt er? Die Bedeutung des atmosphärischen Stickstoffs

Selbstredend sollte man das daran beteiligte Bodenleben nicht deaktivieren oder gar umbringen, anderenfalls wird das Erbringen der Ersatzleistung ein sich selber fixierender Prozess.
Um die Jahrhundertwende machten sich russische Bodenkundler Gedanken darüber, weshalb die humusreichen Böden in der Ukraine über 8o Jahre lang so gute Getreideernten ohne Ertragsausfall lieferten. Dünger kannte man zu dieser Zeit kaum. Die Untersuchung ergab: In 1 Gramm Boden wurden über 8o Millionen Mikroben gezählt. 8o % davon waren Azotobakter, also luftstickstoffbindende freilebende Bakterien. Solche Verhältnisse existieren heute weder dort noch hier in den humusarmen Böden. Und noch etwas: Im Landwirtschaftlichen Zentralblatt 1979 Nr. 1 wird zugegeben: Durch chemische Bodenentseuchung wurde der Stickstoffbinder Azotobakter um 8o % vermindert! Das bedeutet das "Aus" für diese Stickstoffquelle.

Lebend verbauter Stickstoff im humusreichen Boden hat dann mit Auswaschung sehr viel weniger zu tun als wässrige Lösungen im "humusbefreiten" mineralischen Boden. Bei anderen Nährstoffen ist es gleichlautend.
Ob die Kohlenstoffbindung im Boden zu diesen verbotenen Themen gehört
Kohlenstoffbindung im Boden heißt unter dem Strich nichts anderes als mehr Humus. Statt der üblichen 1 bis 4 Prozent Bodenanteil sind durchaus 10 Prozent denkbar, dies dann auch meterdick statt nur in den obersten 20 Zentimetern. Das gab es alles schon mal.
Das Problem: Die Schritte dahin (o.k., das ist ein langer Weg) kann man im wesentlichen alleine gehen, als Kleingärtner, als Landwirt, als Rasen- und Landschaftspfleger. Man muss sehr viel weniger die Leistungen der Agrokonzerne einkaufen, das meiste entnimmt man aus eigenen lokalen Stoffkreisläufen.
Wenn man Regenerative Landwirtschaft (=> Stichwort für vertiefende Recherche) versteht und anwendet, sinkt der Verbrauch an (Kunst)Düngern. Nicht, weil es ideologisch verboten wird wie bei Bio, sondern weil man diesen einfach in der Form dann sehr viel weniger braucht. Es werden sehr viel weniger Pestizide einzusetzen sein, nicht aus ideologischen Gründen, sondern weil der Bedarf entfällt. (Die Liste ist nicht vollständig.)

So etwas ist existenzbedrohend, wenn das an Verbreitung zunimmt. Für wen, beantworte man sich selber.
Mit freundlichem Glück Auf!
Eberhard
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Re: CO2, Klimaschutz, Boden, Gesundheit

Beitrag von Pfiffikus »

Glück Auf Eberhard,
Eberhard hat geschrieben: Fr 10. Jan 2020, 21:28 Selbstredend sollte man das daran beteiligte Bodenleben nicht deaktivieren oder gar umbringen, anderenfalls wird das Erbringen der Ersatzleistung ein sich selber fixierender Prozess.
schön, dass wir uns in dieser Beziehung einig sind. Wie bereits mehrfach betont, bin ich auch kein Verfechter von Mineraldüngern, die synthetisch hergestellt werden.

Eberhard hat geschrieben: Fr 10. Jan 2020, 21:28 ab Seite 24 ausführlich zu Der Stickstoff (N) woher kommt er? Die Bedeutung des atmosphärischen Stickstoffs
Ja, da habe ich mal geschmökert. Der atmosphärische Stickstoff ist in der Tat eine gigantische Reserve.

Praktisch sind wir nicht so dolle auf diese Reserve angewiesen. Denn wir haben ja derzeit einen Überschuss an Stickstoffverbindungen im Grundwasser und jede Menge tierische Exkremente, die zu entsorgen sind. Auch diese Exkremente enthalten organisch gebundenen Stickstoff, den es zu nutzen gilt.

Eberhard hat geschrieben: Fr 10. Jan 2020, 21:28 In 1 Gramm Boden wurden über 8o Millionen Mikroben gezählt. 8o % davon waren Azotobakter, also luftstickstoffbindende freilebende Bakterien.
Schön, dass es die auch gibt.
Aber im Dokument, das Du verlinkt hast, findet man auch Zahlenmaterial.
Friedrich Hölderlin hat geschrieben:Immerhin sollen unter anaeroben Verhältnissen im Boden Stlckstoffgewinne von 2o-6o kg N/ha und Jahr auftreten.
(Seite 32 - gedruckte Seitennummer 36 des verlinkten Dokumentes).
Wir erinnern uns, dass der grüne EU-Abgeordnete und der Professor aus Gaos Video einen Stickstoffbedarf von 150kg/ha und Jahr errechnet haben. Mit anderen Worten: Diese Bakterien sind zwar wichtig, aber im Alleingang können sie nicht ausreichend Stickstoff für die moderne Landwirtschaft binden. In früheren Jahren, als in der Zwei- und Dreifelderwirtschaft hin und wieder mal ein Jahr Brache eingebaut wurde und die Ernten geringer ausfielen, mögen die Azotobakter noch genügend Stickstoff gebunden haben. Heute ist es nach diesen Zahlen zu urteilen, nicht mehr der Fall.
Aber ich halte es für sinnvoll, die entstehende Lücke mit organisch gebundenem Stickstoff aus Stalldung zu schließen.



Pfiffikus,
der hierfür keinen Mineraldünger für erforderlich hält
Eberhard
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Re: CO2, Klimaschutz, Boden, Gesundheit

Beitrag von Eberhard »

einen Stickstoffbedarf ... errechnet
Sonst zweifelst Du gerne Zahlen an. Hier würde ich die Bedingungen hinterfragen, die zu solchen Berechnungsergebnissen führen.

Leben ist höhere Mathematik, ein eins plus eins reicht da nicht aus.
Im Dokument ist beschrieben, dass sich diese kleinen N-bindenden Bakterien überwiegend an den Haarwurzeln tummeln. Dazu braucht man aber lebende Pflanzenwurzeln. In der RL orientiert man daher auf Untersaaten, Zwischensaaten, möglichst ganzjährige Pflanzenbedeckung. Mäht man das erntereife Getreide, bekommt die bestehende Untersaat mehr Licht und geht in verstärktes Wachstum. Bei vorzunehmender Vielfaltserhöhung wird man auch Leguminosen im öfteren Einsatz haben.
mit organisch gebundenem Stickstoff aus Stalldung
Am besten in kompostierter Form, immer her damit. Der humusreiche Boden kann das auch längerfristig speichern. Bei fachgerechter Verteilung wird die Menge verfügbaren Mistes eher begrenzt sein als das Aufnahmevermögen des Bodens.
Mit freundlichem Glück Auf!
Eberhard
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Re: CO2, Klimaschutz, Boden, Gesundheit

Beitrag von Pfiffikus »

Glück Auf Eberhard,
Eberhard hat geschrieben: Fr 10. Jan 2020, 23:39 Sonst zweifelst Du gerne Zahlen an. Hier würde ich die Bedingungen hinterfragen, die zu solchen Berechnungsergebnissen führen.
nein. Das hast Du falsch verstanden.

Bei meiner persönlichen Beurteilung der Glaubwürdigkeit einer Informationsquelle pflege ich auch immer deren Befangenheit in die Erwägungen einzubeziehen.
  • Hätte der in dem einen Video-Clip gezeigte Schweinezüchter, der seinen Hof gerne vergrößern würde, aber nicht weiß, wohin mit der Gülle, ausgerechnet: "Der Boden auf meinen Feldern braucht mindestens 150kg/ha!", dann werde ich eine solche Zahl ganz sicher mit der angemessenen Skepsis zur Kenntnis nehmen. In solchen Fällen wäre ein zweifelndes Hinterfragen ganz sicher angebracht.
    Hätte ich Zahlen verwendet, die der im Video gezeigte Molkerei-Chef nennt, wäre auch erhebliche Skepsis angebracht.
  • Wenn allerdings die Gülle-Gegner in Brüssel selbst diese Zahl ins Spiel bringen, dann halte ich es nicht für sinnvoll, diese Zahl zu hinterfragen. Gäbe es Indizien für einen geringeren Nährstoffbedarf, dann hätte das der sachverständige Professor aus Kiel ganz sicher herausgefunden und erwähnt.
    Da ich hier die von den Gülle-Gegnern genannte Zahl benutzt habe, halte ich diese Zahl für glaubwürdig.
Inwiefern Du selbst solche Betrachtungen zur Befangenheit in Deine Meinungsbildung einfließen lässt, ist natürlich Deine eigene Entscheidung.

Eberhard hat geschrieben: Fr 10. Jan 2020, 23:39
mit organisch gebundenem Stickstoff aus Stalldung
Am besten in kompostierter Form, immer her damit. Der humusreiche Boden kann das auch längerfristig speichern.
Mal eine Frage in den Raum gestellt: Inwieweit ist es denn möglich, die Kompostierung von frischerem Dung direkt auf dem Acker stattfinden zu lassen?



Pfiffikus,
der das in oberflächennahen Schichten durchaus für möglich hält
Eberhard
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Re: CO2, Klimaschutz, Boden, Gesundheit

Beitrag von Eberhard »

Zu Zahlen: Es ist erst einmal schön, wenn man welche hat. Da sieht man, da passiert was, man erhält eine Grundlage, sich da einzuordnen. Allerdings: Messungen erfolgen laborhaft. Das Labor kann Realität nur teilweise nachbilden. Insbesondere muss man sich Teilprozesse herausgreifen und damit die eigentliche Komplexität verlassen. Bei Berechnungen trifft man auch Annahmen und Gewichtungen bei einzelnen Einflussfaktoren. Da gibt es Spielräume, ggf. bewusst verwendbar.

Bei Düngebedarfsrechungen ist es aus Kenntnis und Bewusstsein heraus, dass nur ein Teil der Düngergabe pflanzenverfügbar ankommt, durchaus üblich, daraus folgend mit einer Mehrfachüberdüngung zu planen und das als Bedarf anzuzeigen.

Daneben dürfte es ohne weitere große Erläuterungen plausibel sein, dass auch eine Rolle spielen ...
- der vorhandene Boden (Sand bis schwerer Ton, mineralische Zusammensetzung),
- die verwendete(n) Kultur(en) => unterschiedliche Pflanzen, unterschiedliche Verhältnisse,
- Bodenzustand (Humusgehalt, Bodenleben), Klima,
- die Vorgeschichte (Vorkulturen, Gründüngung, Bodenbearbeitung),
- Art und Zustand des Düngers, Zeitraum der Verabreichung bezogen auf Vegetationsphase

Es dürfte also verständlich sein, dass eine ermittelte Zahl, so sorgfältig sie auch für den verwendeten Einzelfall ermittelt wurde, schwerlich in Unkenntnis dieses Einzelfalles pauschal über alles als Gesetz anwendbar wäre.
Kompostierung von frischerem Dung direkt auf dem Acker
Ich behaupte mal, davon bemerkt man in Literatur und Praxis praktisch nichts.
Frischer Mist ist belastender als abgelagerter oder gar kompostierter Mist. Den würde man also nur sehr dünn ausbringen können und hätte also ausbringungtechnisch einen höheren Aufwand (eine Maschine bewegen kostet auch schon Geld). Daneben müssen Acker in Verbindung mit der Kultur und deren Vegetationsstufe geeignet sein, diesen Mist "dankbar" aufzunehmen. Solche Zeitpunkte trifft man vermutlich zu selten, wenn man an eine Ausbringung von Tiefmist denkt oder auch eine kontinuierliche Ausbringung plant.
Womöglich gibt es Rechtsvorschriften, die ein Nachdenken darüber an sich sinnfrei stellen.

Ich selber verstärke meine eigenen Bemühungen zu mulchen, also Flächenkompost auszubringen. Hat man aber, was man auch anstrebt, schnell geschlossene Pflanzendecken auf dem Boden, wird es mit dem stückigen Mulch schwierig, und man richtet damit eher Schaden an als Nutzen zu bewirken. Einen feinkrümeligen Kompost bringt man da eher unter, weil der durch die Blätter durchrieseln kann und mit dem nächsten Regen dann auch die Reste von den Blättern zu Boden gespült werden.
Mit freundlichem Glück Auf!
Eberhard
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Re: CO2, Klimaschutz, Boden, Gesundheit

Beitrag von Pfiffikus »

Glück Auf Eberhard,

bei der Beschäftigung mit dem Thema bin ich auf einen anderen Beitrag gestoßen.
Gülle - Gold der Bauern oder Gift?

Diese Dokumentation gefällt mir vor allem deshalb, weil sie nicht als Stimme irgendeiner Lobbyorganisation der einen oder anderen Seite daher kommt, sondern von unvoreingenommenen Journalisten produziert wurde, die ihre Aufgabe in diesem Beitrag sehr ernst nehmen. Innerhalb des Beitrages kommen aber Menschen zu Wort, die sehr wohl befangen sind.
  • Es wird deutlich gemacht, dass es nicht auf den Stoff (Gülle) ankommt, sondern auf die Menge, die ausgebracht wird.
  • Wir sehen einen konventionell wirtschaftenden Landwirt, der maßvoll mit der Gülle umgeht, sogar Regenwürmer auf seinem Acker findet. (Sofern das flächendeckend der Fall ist, wäre das für mich ein besserer Beleg für nachhaltiges Wirtschaften, als jede Laboranalyse. Sieht man aber nicht im Film.)
  • Einer der Landwirte spricht deutlich aus, dass es neben der Menge, die ausgebracht wird, noch weitere Einflüsse gibt, die Eberhard auch schon hier im Thema genannt hatte.
  • Ein Betrieb führt es vor - das Abwasser muss ja nicht direkt als Dünger dienen, es kann auch vor Ort geklärt werden. Man sieht einen Tank der großen Kläranlage.
    Es wäre tatsächlich denkbar, die Gülle, die manche Viehzüchter nur schwer loskriegen, in Kläranlagen zu reinem Wasser zu machen und auf diese Weise zu entsorgen. Aber das ist wahrscheinlich doch zu teuer.
  • Ursache des Gülleüberschusses ist zum Einen der Einsatz von Mineraldünger sowie der Import von Futtermitteln, während große Teile des in Deutschland erzeugten Fleisches exportiert werden.
    (Es kann aber sein, dass in den Export vorrangig genusstaugliches Fleisch geht, welches von zu vielen Deutschen einfach verschmäht wird.)
  • Wenn Gülle in Biogasanlagen vergoren wird, kümmern sich Mikroben darum. Anschließend ist der Geruch beim Ausbringen sehr stark reduziert.
  • Während eine Reihe von Leuten sich dafür einsetzen, dass Gülle im angemessenen Maße wieder in den Nährstoffkreislauf zurück geführt wird, gibt es Bürgerinitiativen, die den Gülleeinsatz nicht mäßigen, sondern stoppen wollen.
  • Für mich merkwürdigerweise hat der Trinkwassererzeuger eben in dem Ort, in dem der vorbildliche Bauer nur maßvoll Gülle aufbringt und wo es Regenwürmer auf dem Acker gibt, Probleme mit dem Nitratgehalt des geförderten Brunnenwassers.
  • Es gibt auch schwarze Schafe unter den Tierhaltern, die den Ruf der kompletten Branche ruinieren.


Eberhard hat geschrieben: Sa 11. Jan 2020, 14:19 Ich behaupte mal, davon bemerkt man in Literatur und Praxis praktisch nichts.
Frischer Mist ist belastender als abgelagerter oder gar kompostierter Mist. Den würde man also nur sehr dünn ausbringen können und hätte also ausbringungtechnisch einen höheren Aufwand (eine Maschine bewegen kostet auch schon Geld).
Der Landwirt, der am Anfang gezeigt wird, macht es vor, dass es wohl funktioniert. Das wusste ich aber bis heute nicht, deshalb hatte ich gefragt.

Die Würmer in unseren Wurmkisten freuen sich über eine Fütterung mit Kot von verschiedenen Tieren. Meine Dendros schmatzen genüsslich die Kacke meiner Mehlwürmer weg. Da ist es durchaus plausibel, dass die zwischen den Reihen lebenden Regenwürmer zu den Güllestreifen graben und sich dort verköstigen.



Pfiffikus,
der nicht davon ausgeht, dass es für diesen Landwirt ohne Zusatzaufwand abgeht
Eberhard
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Re: CO2, Klimaschutz, Boden, Gesundheit

Beitrag von Eberhard »

Für mich merkwürdigerweise hat der Trinkwassererzeuger eben in dem Ort, in dem der vorbildliche Bauer nur maßvoll Gülle aufbringt und wo es Regenwürmer auf dem Acker gibt, Probleme mit dem Nitratgehalt des geförderten Brunnenwassers.
Eine Reduzierung darauf, dass Nitrat und Belastungen daraus allein aus der Landwirtschaft stammen, ist doch sicher sehr einseitig und undifferenziert und somit etwas dünn für jene, die sich ernsthaft und wissend mit dem Thema auseinandersetzen.
=> Es gibt auch höhere Nitratwerte in Naturschutzgebieten sowie in Weinanbaugebieten, wo gar kein Stickstoff gedüngt wird. Es gibt also noch mehr Einflussgrößen.
=> Belastungen durch Landwirte in landwirtschaftlichen Flächen sollte man derart messen, dass sich die Messstellen auch in diesen befinden und nicht gerade am Rande von oder in Siedlungs- und Gewerbegebieten. Dort könnten auch weitere Frevler-Kandidaten zugange sein, defekte Abwasserleitungen eingeschlossen.
Viele Kleingärtner und Siedler düngen ihre Flächen weit mehr als die Landwirte in der Fläche.

Die bösen Zustände, die die Dokumentation zeigt, sind doch vor allem bedingt durch die hohe Viehdichte in einigen Regionen, und diese hat ihre Ursachen auch in wirtschaftlichen Rahmendaten und der industriemäßigen Produktion, die sich vom Namen her schon anders darstellt als (naturnahe) Landwirtschaft in der Fläche.
Dort können sich die Anwohner doch gar nicht anders verhalten als einfach sich zu wehren.

Ansonsten: Wenn man in seiner Darstellung beliebig switcht zwischen Nitrat, Gülle, Stickstoff (Kunstdünger auch wieder mit dabei) als wäre das alles eines, mag ich das nicht wirklich Ernst nehmen. Man kann ja probehalber seine Nase darin versenken, auch in den Boden, den man damit beglückt. Wenn es fruchtig frisch nach Waldboden riecht, liegt man sehr wahrscheinlich auf der guten Seite, zumal dieser gute Boden auch mehr Stickstoff (dann auch in organischer Bindung) aufnehmen kann und diesen längerfristiger an Pflanzen zurückgeben kann. Die einfache chemische Nährstoffbilanzierung hat keinen Ansatz, so etwas zu erfassen. Mehr Bindung heißt dann aber auch weniger potentielle Abgabe in Richtung Grundwasser - ist halt "höhere" Mathematik über den Dreisatz hinaus.
Mit freundlichem Glück Auf!
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Re: CO2, Klimaschutz, Boden, Gesundheit

Beitrag von Pfiffikus »

Glück Auf Eberhard,
Eberhard hat geschrieben: Mo 13. Jan 2020, 20:03 Eine Reduzierung darauf, dass Nitrat und Belastungen daraus allein aus der Landwirtschaft stammen, ist doch sicher sehr einseitig und undifferenziert und somit etwas dünn für jene, die sich ernsthaft und wissend mit dem Thema auseinandersetzen.
=> Es gibt auch höhere Nitratwerte in Naturschutzgebieten sowie in Weinanbaugebieten, wo gar kein Stickstoff gedüngt wird. Es gibt also noch mehr Einflussgrößen.
=> Belastungen durch Landwirte in landwirtschaftlichen Flächen sollte man derart messen, dass sich die Messstellen auch in diesen befinden und nicht gerade am Rande von oder in Siedlungs- und Gewerbegebieten. Dort könnten auch weitere Frevler-Kandidaten zugange sein, defekte Abwasserleitungen eingeschlossen.
Viele Kleingärtner und Siedler düngen ihre Flächen weit mehr als die Landwirte in der Fläche.
das ist genau die Argumentation, die wir in dem Video gesehen haben, das der Bauernverband produziert hat. Wenn Du jetzt ebenso argumentiertst, dann ist es wohl tatsächlich so.
Aber wenn Du die Berichte in den meisten Medien verfolgst, dann wirst Du feststellen, dass meistens über die Bauern, die Massentierhaltung und die Gülle her gezogen wird. Naja, mit ihrem Traktorausflug haben sie sich ja mal ein wenig Gehör verschafft.


Eberhard hat geschrieben: Mo 13. Jan 2020, 20:03Die bösen Zustände, die die Dokumentation zeigt, sind doch vor allem bedingt durch die hohe Viehdichte in einigen Regionen, und diese hat ihre Ursachen auch in wirtschaftlichen Rahmendaten und der industriemäßigen Produktion, die sich vom Namen her schon anders darstellt als (naturnahe) Landwirtschaft in der Fläche.
Richtig!
Und deshalb muss die EU und nachgeschaltet Berlin vernünftige Rahmenbedingungen setzen, und zwar europaweit, damit die hiesigen Landwirte nicht von den Vorschriften gegen osteuropäische Betriebe ausgebootet werden.


Eberhard hat geschrieben: Mo 13. Jan 2020, 20:03Ansonsten: Wenn man in seiner Darstellung beliebig switcht zwischen Nitrat, Gülle, Stickstoff (Kunstdünger auch wieder mit dabei) als wäre das alles eines, mag ich das nicht wirklich Ernst nehmen.
...
Die einfache chemische Nährstoffbilanzierung hat keinen Ansatz, so etwas zu erfassen.
Ganz sicher ist diese Betrachtung unvollständig, das wissen wir beide.

Praktisch brauchen wir Rahmenbedingungen in Form von leicht zu messenden Werten. Und das geht mit Nährstoffbilanz und Nitratgrenzwerten. Ich habe wirklich meine Zweifel, ob die Eurokraten eine Richtlinie auf die Reihe kriegen würden, in der man Mikroben zählen und die Artenvielfalt erfassen müsste. Das kann schon gar nicht gut gehen, weil solche Richtlinien von Sizilien bis in den Norden Norwegens Gültigkeit haben müssten.

Oder hättest Du einen alternativen Vorschlag für eine EU-weite Regelung?


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der aus diesem Grunde mit einem Grenzwert für die Nitratgabe zufrieden ist
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Re: CO2, Klimaschutz, Boden, Gesundheit

Beitrag von Eberhard »

einen alternativen Vorschlag
Wie man sich denken kann, habe ich die Inhalte meiner Aussagen (Wissen?) nicht selber erfunden, sondern ich lese und leite Meinungen von anderen ab. Mancher bemerkt auch, dass ich öfter mit Quellenangaben arbeite. Diese kann man sich zur Eigenbeurteilung heranziehen.

Ich bin überzeugt davon, dass eine Heerschar von Fachleuten und Wissenschaftlern, vom Volkswirtschaftler bis zum Bodenbiologen, eine Menge an Ideen und darüber hinaus realistischen Konzepten einbringen kann und dies sicher auch getan hat. Man müsste es nur wahrnehmen wollen.
Dazu wäre allerdings ein etwas anderer Umgang nötig als es der Journalist Martin Weitzel am eigenen Beispiel dokumentiert: Aktionen
Mit freundlichem Glück Auf!
Eberhard
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