Problem mit fertigem Humus

Themen rund ums biologische Gärtnern sind hier richtig. Auch Fragen um Wurmhumus werden hier beantwortet.
d3nis1
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Problem mit fertigem Humus

Beitrag von d3nis1 »

Hallo zusammen,
ich mache seit ca. zwei Jahren ziemlich viel Wurmhumus aus Pferdemist, mit ein paar Pilzen und Bakterienstämmen beimpft. Desweiteren Kompost- und Wurmtee. Seit geraumer Zeit mikroskopiere ich auch den Humus und meinen Kompost.
Was ich allerdings feststellen konnte, und deswegen auch dieser Thread: Sobald ich meinen fertigen Wurmhumus einsetze, sei es als Zusatz oder als Wurmtee, kann ich im direkten Vergleich mit anderen Pflanzen ohne Wurmhumus-/tee ein deutlich geringeres Wachstum feststellen. Pflanzen die ich vorziehen wollte (Gemüse) sind mit dem Wurmhumus teils gar nicht gekeimt oder nur sehr langsam. Ich habe meist ca. 10% hinzugegeben.
Unter dem Mikroskop hatte ich mir mehr Leben im fertigen Humus erhofft, der von seiner Farbe, Geruch, Konsistenz in meinen Augen aber perfekt war. Habe ich ihn vielleicht zu spät geerntet. Momentan habe ich noch einen neuen Ansatz Wurmhumus in Produktion, ca 2m². Das Material wird ab und an mit Gesteinsmehl bestreut und wurde mit Bakterienstämmen und Mykhoriza-Pilzen beimpft.
Hat vielleicht auch jemand mit solchen Dingen Erfahrungen gemacht?

Grüße
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Sophie0816
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Re: Problem mit fertigem Humus

Beitrag von Sophie0816 »

Ich habe diese Erfahrung mit einem Kressetest gemacht. Mit Wurmhumus wuchs es nur gehemmt. Da war irgendwas keim-/wuchsverhindernd und ich hab nicht herausgefunden warum.
Eberhard
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Re: Problem mit fertigem Humus

Beitrag von Eberhard »

Ich habe da einige Gedanken dazu:

Wurmhumus gleich fertiger Humus?
Man sollte sicher, ehe man den Begriff Humus verwendet, definieren, was genau man damit meint. Es gibt da sehr viele und extrem differierende Vorstellungen dazu (auch in den einschlägigen schlauen Nachschlagewerken). Die einen meinen damit schon tote Pflanzenteile (Sonderüberlegung: Ein frisch gepflückter Apfel ist schon tot und also Humus?), andere ein chemisches Stoffgemisch mit ein paar Huminstoffen und -säuren oder anderes.

Wenn ich von Humus spreche, meine ich damit Dauerhumus, also jenes, was man als wesentlichen Bestandteil von Schwarzerde bezeichnen würde. Das ist dann auch kein Dünger mit kurzfristigen Wirkungen, sondern im Zusammenwirken mit dem Boden quasi ein Organismus aus einer Vielzahl von Symbiosen, aus einem Gleichgewicht von Abbau und Aufbau. Stark vereinfacht: Humus "lebt" in seiner Umgebung, er ist nicht fertig, Leben schafft sich mit Stoffen eine eigene Umgebung. Solcherart Humus kann sehr langlebig sein, man kennt vielleicht die Magdeburger Börde, ukrainische Schwarzerde, Terra Preta.

Für ein anfängliches Verständnis hilft vielleicht folgendes: Wie wird aus Kompost eigentlich Humus?
Wurmhumus ist kein Dauerhumus, sondern ein Vorzustand im halbfaulen Zustand.
Daher ist es nebenbei nicht nur interessant, dass es da Leben drin gibt, sondern welches Leben in welchen Verhältnissen vorherrscht. Es ist noch etwas neu und ungebräuchlich, aber man kann eine über Bodenuntersuchung nicht nur physikalische und chemische Zustände ermitteln, sondern sich über eine biologische Untersuchung vergegenwärtigen, was darin lebt und welche Zustände also wirklich herrschen. Das hat schon Annie Francé-Harrar vor über hundert Jahren gemacht.
Eine biologische Analyse kann man auch machen lassen, die Kosten von etwa 100 Euro sind jetzt nicht außerhalb jeder Vorstellung.

Samen und Keimlinge bringen meist ihren Startbedarf an Nährstoffen selbst mit. Daher wird eine Nährstoffüberversorgung des umgebenden Bodens eher schädlich wirken, insbesondere wenn diese Überversorgung über Salze wirkt. Nährhumus, Kompost wie auch Wurmhumus unterliegen dem Abbau, Nährstoffreisetzung über Mineralisation, und bei fehlender Abnahme durch lebende Pflanzenwurzeln steigen Prozesse wie Versalzung.

Nährsalze im Bodenwasser gelöst ergeben dann eine "Druckbetankung", weil die Pflanze ja Wasser benötigt und aufnehmen muss. Diese Druckbetankung kann direkt schädlich sein, außerdem unterbindet sie natürliche Ernährungsprozesse: „Die Intelligenz der Pflanzen“

Daher wird man für eine Pflanzenanzucht eben Anzuchterde verwenden, also nährstoffarme Erden und Substrate, also salzarm. Alternativ greift man zu Erden/Substraten, wo die Nährstoffe mineralisch und/oder biologisch gebunden sind und wo die Pflanze über ihre Intelligenz die benötigten Stoffe abrufen kann (welcher vernünftige Gärtner kauft sich Erde, wo er doch von Erde umgeben ist?).
mit ... Mykhoriza-Pilzen beimpft
Das dürfte teuer und zum Zeitpunkt umsonst sein.
Mykorrhiza braucht die Symbiose mit lebenden Pflanzenwurzeln. Entsprechende Impfpräparate würde man also sehr nah an Pflanzenwurzeln bringen, z.B. beim Umtopfen/Einpflanzen.
Mit freundlichem Glück Auf!
Eberhard
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Pfiffikus
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Re: Problem mit fertigem Humus

Beitrag von Pfiffikus »

Hallo Du,

es liegt möglicherweise an einer Überversorgung Deiner Pflanzen mit einem der Nährstoffe, die reichlich im Wurmhumus (auch wenn Eberhard diesen Begriff an dieser Stelle nicht so mag...) findest.

Für jeden Wachstumsfaktor gibt es ein Minimum, ein Optimum und ein Maximum. Ist der Wachstumsfaktor unterhalb vom Minimum oder höher als das Maximum, dann kann die Pflanze überhaupt nicht wachsen.
Irgendwo zwischen Minimum und Maximum befindet sich das Optimum. Genau an dieser Stelle ermöglicht dieser Wachstumsfaktor 100% Wachstum. So viel zur Theorie.

Bei der flüchtigen Suche im Netz habe ich die Kurve für die Temperatur bei starkem und bei schwachem Licht gefunden.
Optimum.png
Unter 0°C und bei mehr als 50°C wird Deine Pflanze nicht wachsen. Optimal ist es bei etwas mehr als 30°C.

Ähnlich sieht es mit einem anderen Wachstumsfaktor aus, dem Wasser. Bekommt die Pflanze weniger als das Minimum, vertrocknet sie. Gießt Du mehr als das Maximum, verfault oder ersäuft die Pflanze. Gießt Du richtig, dann wächst die Pflanze optimal (nach Liebigs Fass-Theorie).

Dasselbe gilt auch für jeden einzelnen der Nährstoffe im Dünger. Bekommt die Pflanze zu wenig von einem Nährstoff, wird sie die üblichen Mangelerscheinungen zeigen. Es ist gut möglich, dass ein Pflanzennährstoff mehr als bis zum Maximum versorgt wird. Dann "verbrennen" Pflanzen manchmal. Das könnte bei Dir passiert sein.
Wenn sich an einer bestimmten Pflanze laufend zu viele zwei- und vierbeinige Rüden erleichtern, kann es für die Pflanze tödlich sein. Passiert das nur ein einziges Mal, dann ist das nur eine willkommene Düngung und ungefährlich.



Pfiffikus,
der zuerst mal versuchen würde, viel mehr Sand dazu zu geben
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d3nis1
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Re: Problem mit fertigem Humus

Beitrag von d3nis1 »

Danke für Eure ausführlichen Antworten.
Ja, möglich, dass sie überversorgt waren, was mich allerdings wundert bei einer nur 10%igen Zugabe.
Ich habe aus diesem "Humus" aus Wurmtee hergestellt und disen in einem biologischen Labor untersuchen lassen, bevor ich mit dem mikroskopieren angefangen habe.
Zusammengefasst: Sogut wie gar keine Pilze, sehr viele Flagellaten, kaum Amöben und Ciliaten. Keine Nematoden und keine pathogene Bakterien/Pilze gefunden.
P:B Verhältnis - 0,032

Bin jetzt mal gleichzeitig am experimentieren mit dem "Johnson SU Bioreactor", um die Pilzmasse zu erhöhen.

Grüße
Eberhard
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Re: Problem mit fertigem Humus

Beitrag von Eberhard »

Ah, Du wandelst in den Spuren von Dr. Elaine Ingham. Aber auch da wird die Welt im Detail kompliziert sein.

Nochmal zum Thema Nährstoffmenge (unabhängig von den Phasen einer Pflanze mit unterschiedlichen Bedarfen darin): Man muss schon unterscheiden zwischen Anwesenheit und Verfügbarkeit, wobei sich eine Verfügbarkeit in der Ausgestaltung zu einem Aufdrängen (Druckbetankung) ausprägen kann. Es ist für mich ein wesentlicher Unterschied, wenn ich mich in Hektolitern von Bier bewege, ob diese Hektoliter schön verpackt in Flaschen und Kästen dastehen oder auf mich als große Pfütze einwirken.
Mit freundlichem Glück Auf!
Eberhard
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Re: Problem mit fertigem Humus

Beitrag von d3nis1 »

Eberhard hat geschrieben: So 3. Okt 2021, 08:52 Ah, Du wandelst in den Spuren von Dr. Elaine Ingham. Aber auch da wird die Welt im Detail kompliziert sein.

Nochmal zum Thema Nährstoffmenge (unabhängig von den Phasen einer Pflanze mit unterschiedlichen Bedarfen darin): Man muss schon unterscheiden zwischen Anwesenheit und Verfügbarkeit, wobei sich eine Verfügbarkeit in der Ausgestaltung zu einem Aufdrängen (Druckbetankung) ausprägen kann. Es ist für mich ein wesentlicher Unterschied, wenn ich mich in Hektolitern von Bier bewege, ob diese Hektoliter schön verpackt in Flaschen und Kästen dastehen oder auf mich als große Pfütze einwirken.
Ja, ich beschäftige mich seit geraumer Zeit mit ihr, bzw. allen möglichen Artikeln/Videos in Bezug auf Bodenbiologie usw.. Ja, ein guter Vergleich mit dem Bier :D . Der Kompost/Wurmkompost sollte ja auch eher als Inokulum benutzt werden und nicht als "Ersatz" zum vorhandenen Boden. Aber nach Ihrer Aussage spielt es ja eine keine Rolle, wie viel Nährstoffe im Boden vorhanden sind, denn solange sie nicht pflanzenverfügbar sind, bringt es nichts. Stellt sich mir die Frage, ob man überhaupt "zu viel" Leben im Boden haben, dass das passiert, was du beschreibst mit der Druckbetankung und ob das dann war, was ich mit meinen Pflanzen beobachtet habe. Fragen über Fragen :)

Grüße
Eberhard
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Re: Problem mit fertigem Humus

Beitrag von Eberhard »

Stellt sich mir die Frage, ob man überhaupt "zu viel" Leben im Boden haben
Gute Frage, aber in die realistische Nähe rücken wahrscheinlich nicht sehr viele.

Natürlich ist es sinnvoll, seinen Boden mit "Gutem" zu impfen, sei es, um Mängel aus der Vergangenheit zu beheben oder eben auch um den Anteil an guten und hilfreichen Bodenleben anzuheben, Stichwort Quorum Sensing

Zur Geschichte gehört aber auch, dass man nicht nur ans Impfen oder Düngen denkt. Mindestens genauso wichtig sind die Lebensbedingungen für das Bodenleben. Bei guten Bedingungen reicht ein geringfügiger Input für ein Wachstum (Leben kann sich vervielfältigen). Bei schlechten Bedingungen verpufft aber meine Zuführung sehr schnell.
Ein Maß für guten Bodenzustand ist der Humusgehalt (Gehalt an Dauerhumus). Vom Segen der Humusmehrung
Nicht so gut sind entsprechend
- übermäßige Bodenbearbeitung und -störung
- Monokulturen und Einseitigkeit
- Pestizide in allen Ausprägungen
- mineralische Kunstdünger
- falsch verwendete Wirtschaftsdünger (Mist vergraben, Wiese mit Gülle überfluten)
- Schwarzbrache, kahle Böden

"Zuviel" Leben ist keine Nährstoffüberflutung, weil im Lebewesen sind die Nährstoffe gebunden. Ich glaube nicht, dass Kleegras, das meterhoch auf der Wiese steht, akut eine Nitratbelastung des Bodens inklusive Belastung des Grundwassers nach sich zieht - so lange das Ganze lebt, nicht mal, wenn da ein paar Rinder im Gras stehen.
Mit freundlichem Glück Auf!
Eberhard
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Re: Problem mit fertigem Humus

Beitrag von d3nis1 »

Eberhard hat geschrieben: So 3. Okt 2021, 12:30
Stellt sich mir die Frage, ob man überhaupt "zu viel" Leben im Boden haben
Gute Frage, aber in die realistische Nähe rücken wahrscheinlich nicht sehr viele.

Natürlich ist es sinnvoll, seinen Boden mit "Gutem" zu impfen, sei es, um Mängel aus der Vergangenheit zu beheben oder eben auch um den Anteil an guten und hilfreichen Bodenleben anzuheben, Stichwort Quorum Sensing

Zur Geschichte gehört aber auch, dass man nicht nur ans Impfen oder Düngen denkt. Mindestens genauso wichtig sind die Lebensbedingungen für das Bodenleben. Bei guten Bedingungen reicht ein geringfügiger Input für ein Wachstum (Leben kann sich vervielfältigen). Bei schlechten Bedingungen verpufft aber meine Zuführung sehr schnell.
Ein Maß für guten Bodenzustand ist der Humusgehalt (Gehalt an Dauerhumus). Vom Segen der Humusmehrung
Nicht so gut sind entsprechend
- übermäßige Bodenbearbeitung und -störung
- Monokulturen und Einseitigkeit
- Pestizide in allen Ausprägungen
- mineralische Kunstdünger
- falsch verwendete Wirtschaftsdünger (Mist vergraben, Wiese mit Gülle überfluten)
- Schwarzbrache, kahle Böden

"Zuviel" Leben ist keine Nährstoffüberflutung, weil im Lebewesen sind die Nährstoffe gebunden. Ich glaube nicht, dass Kleegras, das meterhoch auf der Wiese steht, akut eine Nitratbelastung des Bodens inklusive Belastung des Grundwassers nach sich zieht - so lange das Ganze lebt, nicht mal, wenn da ein paar Rinder im Gras stehen.
Da bin ich ganz deiner Meinung.
Ich betreibe seit langer Zeit in meinem Garten Permakultur/Syntropische Landwirtschaft ohne Bodenbearbeitung, mulchen etc. und experimentiere gerne, deswegen wundert es mich, dass ich das mit dem reduzierten Wachstum reproduzieren kann man mehreren Standorten auf dem Gelände (mit unterschiedlichen Bodenarten (Lehm,Sand)).

Grüße
Eberhard
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Re: Problem mit fertigem Humus

Beitrag von Eberhard »

Elaine Ingham prägte sinngemäß folgende Aussage (die leichte Überspitzung sollte man eher als Mittel zur Verdeutlichung verstehen):
Wenn man Boden düngt und die Pflanzen wachsen dadurch mehr, hat man keinen Boden, sondern Dreck.


Wenn ich also mit meiner Zugabe-Maßnahme eine starke Reaktion auslöse, lagen offenbar eine Mangelsituation oder ein Bedarf an Stimulierung vor, die ich also damit abschwäche.
Habe ich im Boden einen optimalen Versorgungszustand, wird eine weitere Zugabe eine recht niedrige Wirkung erzielen, abgesehen von möglichen Überdüngungen, wie das mit Stickstoff wohl möglich ist mit entsprechenden Folgen.
Daneben darf man es aber auch für möglich halten, dass man mit seiner Düngung wie auch immer das stoffliche und/oder das mikrobiologische gute Gleichgewicht stört und man so eine Verschlechterung herbeiführt.

Unter diesem Aspekt darf man also auch den Wurm"humus" bewerten. Für FERTIGEN Humus sollte der auch nachhaltige Bekanntschaft mit aufbauenden Mikroorganismen und Mineralik gemacht haben.
Mit freundlichem Glück Auf!
Eberhard
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