Füttern von Karton und Kohlgewächsen

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Dj_Greenhouse
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Füttern von Karton und Kohlgewächsen

Beitrag von Dj_Greenhouse »

Hallo zusammen,

Meine Frage bezieht sich auf die Verfütterung von Karton und Kohlgewächsen. Nämlich behauptet ein Bekannter von mir man sollte auf keinen Fall Karton verfüttern weil er voller Chemikalien ist. Kohlgewächse seien auch gefährlich für Würmer weil bei ihrer Zersetzung Ammonium entsteht und dies den Würmern schadet. Nun lese ich aber in quasi jeder Anleitung zur Fütterung von Würmern dass Karton verfüttert werden sollte um den Kohlenstoff Haushalt aufrechtzuerhalten. Brokkoli und Blumenkohl stehen auch immer bei den Sachen die problemlos verfüttert werden dürfen, da steht lediglich dass Kohlgewächse unter Umständen stinken könnten aber sonst nichts. Was haltet ihr von diesen zwei Aussagen? Stimmt es oder ist das Humbug was er erzählt?

Danke schonmal
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Wurmofant
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Re: Füttern von Karton und Kohlgewächsen

Beitrag von Wurmofant »

Hi, ich verfüttere beides schon seit ich mit dem Wurmfarmen angefangen habe und erkenne bis jetzt keine negativen Auswirkungen. Kartonschnippsel gebe ich in relativ großen Mengen in die Farm und Kohl ist alle paar Wochen mal dabei. Ja, nach ein paar Tagen riecht man Kohl etwas, nach genau so vielen Tagen ist der Geruch dann aber auch wieder verflogen.
Denk nicht mal an Flucht (bat)
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Pfiffikus
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Re: Füttern von Karton und Kohlgewächsen

Beitrag von Pfiffikus »

Dj_Greenhouse hat geschrieben: Fr 22. Apr 2022, 20:40 Nämlich behauptet ein Bekannter von mir man sollte auf keinen Fall Karton verfüttern weil er voller Chemikalien ist.
Der Hauptbestandteil der Kartons ist Zellulose. Insbesondere wenn Du Kartonverpackungen von Lebensmitteln verfütterst, sind die Mengen, von denen wir reden, sehr unbedenklich. Die Chemikalien, von denen Dein Bekannter redet, sind nämlich in der Regel viel zu teuer, um sie in großen Mengen in Kartonverpackungen zu verschwenden.

Dj_Greenhouse hat geschrieben: Fr 22. Apr 2022, 20:40 Kohlgewächse seien auch gefährlich für Würmer weil bei ihrer Zersetzung Ammonium entsteht und dies den Würmern schadet.
Ammonium entsteht immer, wenn in irgendwelchen Abfällen Proteine zersetzt werden. Die Proteinmengen sind bei Fleisch und Fischabfällen noch viel größer. (Diese könnten auch Mäuse und Ratten anlocken.)
Später wird das Ammonium von Bodenbakterien oxidiert und über Nitrit zu Nitrat umgewandelt. Das wiederum ist ein wertvoller Stickstoffdünger, der den Stoffkreislauf wieder schließt.

Bei diesen Abfällen solltest Du vorrangig darauf achten, dass alle Teile der Wurmfarm gut mit Sauerstoff versorgt sind.


Pfiffikus,
der allenfalls beobachtet, dass die Würmer hier die Kohl-Abfälle erst nach einigen Tagen Abstinenz anrühren
Dj_Greenhouse
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Re: Füttern von Karton und Kohlgewächsen

Beitrag von Dj_Greenhouse »

Danke für die Antworten. Ja das mit dem Kohl kam mir auch vor als wäre es Schwachsin. Beim Karton bin ich mir jedoch nicht ganz sicher. Ich glaube der Kollege bezieht sich auf die Chemikalien die in jedem Karton drin sind, weil die einfach bei der Herstellung benutzt werden. z.B Kleber und Bindemittel etc. Er bezog sich nicht auf beschichtungen oder Druckfarbe. Ich habe hier einen Artikel gefunden der genau diese Karton Thematik behandelt

https://www.mdr.de/mdr-garten/pflegen/p ... %C3%BChlen.

Es geht zwar hier um Kompostieren und nicht um Wurmfarm aber da müsste ja kein großer Unterschied herrschen. In einem anderen Artikel habe ich gelesen dass 5 - 10 % der genutzten Chemikalien in der Pappe bleiben. Wisst ihr dazu vielleicht näheres? Reichern die sich in der Erde an oder können die verstoffwechselt werden von den Würmern oder anderen Bodenbakterien? Und wenn man Karton vermeiden wollte, was würdet ihr empfehlen? Erntereste bestehen ja auch zu nem Teil aus Zellulose, könnte man also von den abgeernteten Gemüsepflanzen die Reste verfüttern? Oder Stroh?

Danke vielmals

DjG
Eberhard
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Re: Füttern von Karton und Kohlgewächsen

Beitrag von Eberhard »

Das Thema Giftigkeit hat mehrere Aspekte:

- Giftig für Würmer oder bleibende Gifte im Wurmhumus, letztlich im Boden, aus dem sich Pflanzen ernähren (eigene Gesundheit), und Menschen ernähren sich von diesen Pflanzen und "übernehmen" Gifte.

-> Klar muss man aufpassen, was man in seine Box hineinwirft, da gibt es Unterschiede, auch in der Zeit.
Aber Würmer selber können eine Menge ab, sie werden durchaus zur Regeneration von wirklich belasteten Böden eingesetzt. Und in Deinem Zitat steht auch:
Doch sollte man die Verhältnismäßigkeit im Blick haben: Wenn neben dem Garten ein Fußballplatz mit Kunstrasen liegt, gelangt wahrscheinlich ein Vielfaches an Mikroplastik in die Erde. Ähnliches gilt für andere Schadstoffe.
-> Giftabbau: Der Bioreaktor im Komposthaufen
Zumindest in einem gut geführtem Kompost werden auch Schadstoffe abgebaut.

Alternativen für Karton/Papier (Zellulose):
Alle Pflanzen, die aufrecht stehen können, benutzen dazu Zellulose und Lignin. Also die umgebende Natur ist Dein Freund.
Insbesondere dann altes Gras und Laub aus dem Vorjahr sind dann solche Zellulose-Gerippe, wo Zucker und Eiweiße von den Pflanzenzurückgezogen wurden in Wurzeln für einen Neustart im neuen Jahr.
Feine Holzspäne und wie schon genannt Stroh sind ebenso geeignet.
Mit freundlichem Glück Auf!
Eberhard
Dj_Greenhouse
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Re: Füttern von Karton und Kohlgewächsen

Beitrag von Dj_Greenhouse »

Hallo zusammen,

danke an Eberhard und Pfiffikus für eure Ausführlichen Antworten. Ich glaube ich werde versuchen den Kartonanteil zu reduzieren und durch alternativen zu ersetzen, zumal ich eher Kartons aus Postsendungen benutze und eher weniger von Lebensmittel Verpackungen. Ausser Eierkartons fällt mir auch kein Lebensmittelkarton ein, das meiste ist leider in Plastik verpackt.

viele Grüße

DjG
Silver
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Re: Füttern von Karton und Kohlgewächsen

Beitrag von Silver »

Dj_Greenhouse hat geschrieben: Di 26. Apr 2022, 17:03 In einem anderen Artikel habe ich gelesen dass 5 - 10 % der genutzten Chemikalien in der Pappe bleiben. Wisst ihr dazu vielleicht näheres? Reichern die sich in der Erde an oder können die verstoffwechselt werden von den Würmern oder anderen Bodenbakterien?
Das Thema treibt mich auch um, aber ich sehe es so: Die Würmer sind eine Art Filter. Ähnlich wie bei uns Menschen, denke ich, dass sich die Chemikalien und Mikroplastik bei ihnen im Körper anreichern. Die Würmchen haben sogar extra einen Mechanismus dafür (s. Perlschnursyndrom). Das ist zwar nicht schön, aber ich sehe die Würmchen als Nutztiere und kann sie nicht vor allen Schadstoffen bewahren.

Da ich die Würmer nicht an Fische verfüttere, würde ich - nach meiner Hypothese - sogar dazu beitragen, dass die Stoffe nicht weiter in den Nahrungskreislauf gelangen. Folglich bleibe ich bei Pappe von Versandkartons und anderen unbedruckten, geeigneten Umverpackungen.

Küchenpapier verwende ich dafür übrigens nicht, da darin sog. Nassfeststoffe (Harze) und - je nach Bleichverfahren - Chlorverbindungen und sogar halogenorganische Verbindungen (Chlorpropanol 3-MCPD, krebserregend) enthalten sind. In der Öko-Test gab es jüngst einen interessanten Artikel mit Test dazu. (Ich hab den Würmchen zuliebe jetzt den teuren Testsieger gekauft in der Hoffnung, dass ich ihnen damit was Gutes tue.)

Kohl habe ich auch schon verfüttert (in kleinen Mengen) - da passiert nichts, außer dass es unangenehm riecht und ich das deswegen lieber der Bioabfallabteilung der Stadtwerke überlasse.
lifeonmars
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Re: Füttern von Karton und Kohlgewächsen

Beitrag von lifeonmars »

Hallo Silver,

ein guter und berechtigter Hinweis bzgl. der sog. Nassfestmittel.
Die werden u.a. im Teebeutel, Kaffeefilter oder Kaffeepads (im Fachjargon: Heißfiltrationspapiere) zugemischt, auf dass sich nach kochendem Aufguss keine Zellulosepampe bildet. Die genaue Rezeptur solcher Zusatzstoffe werden von den Papierherstellern üblicherweise als Betriebsgeheimnis gehütet, und Nachfragen hierzu laufen gerne mal ins Leere (https://www.fairlis.de/post/nassfestigk ... re-fragen/).

Die Problemstoffe darin kommen aber hin und wieder auf anderem Wege ans "Tageslicht" - bzw. zuhause im Wasserhahn an. Beispielsweise ist in der Vergangenheit in Trinkwasserbrunnen nahe der Mangfall in Oberbayern krebserregendes Epichlorhydrin - genau solch ein Nassfestmittel - nachgewiesen worden. Das wurde lange Jahre über das Abwasser einer oberhalb gelegenen Papierfabrik in den Fluss geleitet und gelangte dann über das Uferfiltrat in die Brunnen. Fundstelle, wen es interessiert, z.B. unter: https://www.dbu.de/ab/DBU-Abschlussbericht-AZ-17088.pdf).

Ich für meinen Teil werde meinen Judels daher keine Teebeutel mehr servieren, und ansonsten bei den eigenen Genussmitteln wieder auf losen Tee und Teesieb umschwenken.

Viele Grüße
Silver
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Re: Füttern von Karton und Kohlgewächsen

Beitrag von Silver »

lifeonmars hat geschrieben: Mi 3. Aug 2022, 07:19 Hallo Silver,

ein guter und berechtigter Hinweis bzgl. der sog. Nassfestmittel.
Die werden u.a. im Teebeutel, Kaffeefilter oder Kaffeepads (im Fachjargon: Heißfiltrationspapiere) zugemischt, auf dass sich nach kochendem Aufguss keine Zellulosepampe bildet. Die genaue Rezeptur solcher Zusatzstoffe werden von den Papierherstellern üblicherweise als Betriebsgeheimnis gehütet, und Nachfragen hierzu laufen gerne mal ins Leere (https://www.fairlis.de/post/nassfestigk ... re-fragen/).
Hallo lifeonmars,
genau, ich hab mir neulich die Informationen auf einem Salus-Umkarton durchgelesen und dort über das Thema was gelernt und war recht erschrocken. Immerhin ist dieser Hersteller ehrlich. Laut dessen Angaben beträgt der Anteil an diesen Bindestoffen weniger als 1 % am Gesamtmaterial. Danke für die weiterführenden Quellen!
Die Salus Teebeutel bestehen aus natürlichen Pflanzenfasern von der Abacá-Pflanze (Bananenhanf) und Holzzellstoff. Bei dem Teeaufguss wird der Teebeutel 100 Grad heißem Wasser ausgesetzt. Damit das Filterpapier nicht reißt, ist es notwendig, einen geringen Anteil (< 1 %) an Nassfestmittel hinzuzufügen. Das ist notwendig, damit der Teebeutel auch im nassen Zustand reißfest und die Teekräuter im Filterbeutel bleiben. Diese Technik wird auch in Küchenrollen oder Kaffeefiltern verwendet.
Leider gibt es für diesen Stoff gegenwärtig keine Alternative. Wir stehen aber in Kontakt mit wissenschaftlichen Einrichtungen, um aktuelle Forschungen dazu zu prüfen und in der Zukunft ausschließlich natürliche Materialien einzusetzen.
https://www.salus.de/gesund-bleiben-mag ... elten/tee/

Ich hab bisher eigentlich auch nur losen Tee mit Metallsieb verwendet, aber jetzt haben sich leider - aus Praktikabilitätsgründen - doch wieder Teebeutel in mein Sortiment geschlichen. Allerdings sind das Tees mit vielen Gewürzen, die die Würmchen eh nicht so zu mögen scheinen, insofern spare ich mir die Verfütterung.

Die Kaffee- und Teefilterproblematik habe ich für mich noch nicht vollständig gelöst bzw. entschieden.

Ein Teehersteller (Sonnentor, glaube ich) wirbt auf einem Kindertee (Bio-Bengelchen) sogar extra damit, dass der gesamte Teebeutel im Wurmkompost entsorgt und als Wurmfutter dienen könne.

Es ist erschreckend zu hören, dass sich diese Stoffe dann doch im Wasser finden! :shock:
Zuletzt geändert von Silver am Di 16. Aug 2022, 11:36, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Füttern von Karton und Kohlgewächsen

Beitrag von Silver »

lifeonmars hat geschrieben: Mi 3. Aug 2022, 07:19 Die werden u.a. im Teebeutel, Kaffeefilter oder Kaffeepads (im Fachjargon: Heißfiltrationspapiere) zugemischt
Ich hab gerade wiederverwendbare, waschbare Kaffeefilter aus Bio-Leinen und Bio-Baumwolle entdeckt. Die kann ich nach Ablauf ihrer Zeit dann sogar den Würmchen geben. Es gibt auch Kaffeefilter aus Edelstahl. Das werde ich mal ausprobieren.
Fürs Büro werde ich dann doch auch wieder auf Teesieb und losen Tee umsteigen.
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