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Re: Alternativen zu (Well-)Pappe und Papier als Strukturmaterial

Verfasst: Do 2. Apr 2015, 09:10
von dynamind
Peter_86 hat geschrieben:
Was ist, wenn ich nur Holzkohle verwende, die ich selbst im Garten aus unbehandeltem Holz (Heckenschnitt, Obstbaum-Zweige und Äste) hergestellt habe, welches gut getrocknet ist?
Können in einem normalen Gartenfeuer oder Pyrolyse-Ofen Schadstoffe bei der Verbrennung entstehen, die man hinterher in der Kohle oder Asche findet?
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Leider Ja - es können Schadstoffe entstehen. Ein Pyrolyseprozess der nicht mit den richtigen Temperaturen abläuft kann wohl zuviel Teer in die Holzkohle abgeben. Die Details müsste ich jetzt selbst nachschauen, aber das gilt allgemein als Hasenfuß bei der selbst durchgeführten Herstellung von "Biokohle". Kommt aber vermutlich auch wieder darauf an, was man mit dem Kompost vor hat. Beim Kompost für meine Heckensträucher hätte ich damit kein Problem.

NACHTRAG: ich komme irgendwie mit der neuen Oberfläche des Forums nicht zurecht - sorry für die unnötigen Einträge :|

Re: Alternativen zu (Well-)Pappe und Papier als Strukturmaterial

Verfasst: Do 21. Mai 2015, 10:00
von Robrob
Jetzt muss ich einfach mal so doof fragen:
Ihr bringt also wirklich Holzkohle aus dem Baumarkt o.ä. in eure Wurmkisten ein? Oder nehmt ihr dafür besondere Kohle?
Sind da keine Schadstoffe drin? Wie viel Kohle kommt denn in die Wurmkiste?

Bezüglich der Strukturmaterialien: Pizzakartons und andere Verpackungen sind ja bedruckt. Von diesen nehme ich grundsätzlich Abstand. Ich füttere nur unbedruckte Pappe / Kartonage z.B. Pakete, Klorollen, Eierkartons. Man muss allerdings bei Paketen etwas aufpassen. Es gibt so dicke Pappe mit einer Wabenförmigen Struktur im inneren. Diese enthalt sehr viel Klebstoff, was sicher nicht so gut für die Würmer ist.

Beste Grüße,
Robrob

Re: Alternativen zu (Well-)Pappe und Papier als Strukturmaterial

Verfasst: Do 21. Mai 2015, 10:13
von dynamind
Ich gebe meinem Wurmkompost nur sehr wenig Holzkohle zu - ab und zu Reste vom Grill.
In meinen Aussenkompostern habe ich auch schon grössere Mengen beigegeben aber extra gekauft habe ich sie bisher nie - das ist mir zu teuer.
Ich habe allerdings auch mal mit Aktivkohle experimentiert und diese über ebay bestellt. Allerdings kann man nicht wirklich sagen ob das was alles wirklich was bringt :P

Re: Alternativen zu (Well-)Pappe und Papier als Strukturmaterial

Verfasst: Fr 29. Mai 2015, 21:29
von Peter_86
dynamind hat geschrieben: es können Schadstoffe entstehen. Ein Pyrolyseprozess der nicht mit den richtigen Temperaturen abläuft kann wohl zuviel Teer in die Holzkohle abgeben.


Ich habe wegen der Schadstoffe mal bei einem Experten von Ithaka-Journal nachgefragt. Es wurden mehrere wissenschaftliche Untersuchungen zu Biokohle durchgeführt.
Schadstoffe wie PAK und Mineralöle entstehen vor allem bei zu niedrigen Verbrennungs-Temperaturen und/oder bei zu geringer Sauerstoffzufuhr (z. B. Schwelbrand, Verbrennung von feuchtem Material).

Wenn man einen Ofen verwendet, der extra für Pyrolyse designt wurde (z. B. Sampada), dann sollte laut Information der Experten die Schadstoffbelastung sehr gering sein. Das Brenngut muss natürlich vorher gut getrocknet werden. Wenn man das Feuer ablöscht, sollte das Waser zwischen den Kohlestückchen klar sein und nicht „teerartig“ riechen.

Professionelle, moderne Pyrolyse-Anlagen sind so gestaltet, das hohe Temperaturen und eine ausreichende Sauerstoffzufuhr gewährleistet sind, wodurch die Schadstoffentstehung während der Verbrennung minimiert wird.
Wenn Anbieter Pflanzenkohle für Terra preta verkaufen, dann müssen sich die Anbieter an das Europäische Pflanzenkohle-Zertifikat halten, in dem strenge Schadstoff-Grenzwerte (Schwermetalle, PAK, PCB, Dioxine und Furane) vorgeschrieben sind (Quelle: http://www.ithaka-journal.net/europaisc ... zertifikat).

Es kann natürlich immer sein, dass es in der Branche schwarze Schafe gibt, denn mit dem Trend "Terra preta" lässt sich viel Geld machen. Ich hoffe, es gibt genügend regelmäßige Kontrollen.
Es müsste ja auch Labore geben, wo man im Zweifel den Schadstoffgehalt der Kohle überprüfen kann.

Ich frage ich gerade, wie eigentlich die Kohle hergestellt wird, die als Lebensmittelfarbstoff (E153) verwendet wird? Da müsste es ja auch sehr strenge Schadstoff-Grenzwerte geben.

NICHT für Terra preta benutzen sollte man Grillkohle, vor allem keine Billigkohle, da diese viele Schadstoffe enthalten kann. Ebenfalls NICHT benutzen sollte man Kohle, die aus traditionellen Meilern oder Abfall von Kokereien stammt (Schwelbrand mit geringer Sauerstoff-Zufuhr = Gehalt an PAK kann hoch sein).

Pflanzenkohle wird – ähnlich wie Aktivkohle – wegen ihrer großen Oberfläche zur Dekontaminierung belasteter Böden verwendet. Viele Schadstoffe werden fest an die Kohlepartikel gebunden und sind somit für Pflanzen und Tiere nicht mehr oder nur noch in sehr geringen Umfang verfügbar. Es fehlen noch wissenschaftliche Untersuchungen dazu, wie lange Schadstoffe an Kohlepartikel gebunden bleiben und wie schnell sie evtl. abgebaut werden.

Außerdem sollte Pflanzenkohle in Unterschied zu Kompost jährlich nur in kleinen Mengen in den Boden gebracht werden (Kompost bis zu 40 Tonnen Kompost / Hektar alle 3 Jahre; Richtwerte für Pflanzenkohle: max. 40 Tonnen / Hektar für 100 Jahre).
Auch die fruchtbaren Schwarzerden in Osteuropa enthalten viel pyrogenen Kohlenstoff, der wahrscheinlich durch wiederholte Steppenbrände (natürlich/ vom Menschen gelegt) entstanden ist.
Wenn man einmalig oder in größeren Abständen kleine Mengen einbringt, ist die Schadstoffzufuhr gering. Man sollte daher nicht einmalig eine große Menge nach dem Motto "viel hilft viel" einbringen.

Re: Alternativen zu (Well-)Pappe und Papier als Strukturmaterial

Verfasst: Sa 30. Mai 2015, 11:19
von dynamind
Sehr informativ! Danke!
Hast Du zufällig einen Anbieter für günstige Biokohle an der Hand?

Re: Alternativen zu (Well-)Pappe und Papier als Strukturmaterial

Verfasst: So 31. Mai 2015, 17:38
von Peter_86
Zitat dynamind
Hast Du zufällig einen Anbieter für günstige Biokohle an der Hand?
Ich hatte diesen März über Ebay beim Anbieter Pflanzenkohle.de "Pflanzenkohle gemahlen" bestellt. Es war der günstigste Anbieter mit Zertifikat den ich gefunden hatte.
50 Liter kosten inkl. Versand 39,90 E, 75 Liter kosten inkl. Versand 57,90 €.

Die Kohle ist aus chemisch unbehandeltem Holz und ist ganz fein gemahlen und sehr trocken (Staub - Pulver). Es gibt auch noch „Pflanzenkohle mittelfein“ (0-10 mm), das ist eher für sandige Böden geeignet, um die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens zu erhöhen.

In einem Terra-preta Buch ("Terra preta" Scheub, Pieplow, Schmidt; oekom Verlag) stand, man sollte beim ersten Einsatz 15 – 20 Liter Pflanzenkohle auf 100 Liter Kompost einsetzen, in den Folgejahren reichen dann 5 – 10 Kohle pro Kubikmeter Kompost.

Pflanzenkohle.de empfiehlt, Terra Preta ( Schwarzerde ) mit Steinmehl herzustellen (Quelle: http://pflanzenkohle.de/info/Applicatio ... ffect.html):
150 Liter Gärreste aus organischen Stoffen z.B. Kompost od. Biogasanlage
5 Liter Steinmehl und 45 Liter Pflanzenkohle schichtweise auftragen.
Danach das Ganze vererden. Die unterste Schicht besteht aus Boden mit Kompostwürmern.
Darauf die fermentierte Mischung ca. 10 cm aufschichten und mit luftdurchlässigem Material wie Heu oder Stroh abdecken. Die übrige Arbeit übernehmen die Kompostwürmer. Nach ca. 6. Monaten hat sich daraus Schwarze Erde (Terra Preta) gebildet.
Diese kann 10 Kg/m² auf die Beete verteilt werden.
Das heißt, man kann die Kompostwürmer gleich für die Terra-preta-Herstellung einsetzen.

Re: Alternativen zu (Well-)Pappe und Papier als Strukturmaterial

Verfasst: Mo 1. Jun 2015, 09:58
von dynamind
Danke für den Link!

Das beschriebene Rezept stellt bei einem 3:1 Verhältnis Kompost zu Kohlenstaub vermutlich ziemlich sicher "schwarze Erde" her - aber ist das dann Terra Preta? ;) Ich glaube in anderen Rezepten wurde immer höchstens 20% zugesetzt.
EDIT: schreibst Du ja weiter oben auch...

Ich frage mich auch immer, ob es nicht besser ist etwas gröbere Kohlestücke zu verwenden als Staub, denn die Kohle soll doch als Rückzugsraum für Bakterien dienen und ich stelle mir ganz naiv vor, dass grössere Stücke einen sichereren Rückzugsraum bieten, weil sie z.B. nicht so schnell austrocknen.

Ich bin kurz davor mir auch eine Komposttoilette anzuschaffen. Dann hätte ich die Möglichkeit noch einen weiteren evtl. sehr wichtigen Rohstoff für Terra Preta zu sammeln (zumindest nach dem Amazonas Originalrezept :P )

Re: Alternativen zu (Well-)Pappe und Papier als Strukturmaterial

Verfasst: Mo 1. Jun 2015, 20:57
von Peter_86
Zitat von dynamind: Ich frage mich auch immer, ob es nicht besser ist etwas gröbere Kohlestücke zu verwenden als Staub, denn die Kohle soll doch als Rückzugsraum für Bakterien dienen und ich stelle mir ganz naiv vor, dass grössere Stücke einen sichereren Rückzugsraum bieten, weil sie z.B. nicht so schnell austrocknen.
Ich hab noch mal im Terra-preta-Buch nachgeschaut, die Kohlepartikel sollen kleiner als 1 cm sein.
Größere Stückchen haben außen und innen eine sehr große Oberfläche (1 Gramm hat zum Teil >300 m2 Oberfläche), wodurch sie wie ein Schwamm Wasser und Nährstoffe speichern und von Mikroorganismen besiedelt werden. Große Partikel haben wahrscheinlich auch den Vorteil, dass sie nicht so schnell weggeschwemmt oder in tiefere Bodenschichten verlagert werden.
Mit der Zeit werden größere Stücke langsam zerkleinert, z. B. durch Frosteinwirkung.
Staubfeine Partikel sind ebenfalls sehr nützlich, da sie von Würmern und anderen Bodentieren gefressen werden. Im Verdauungstrakt werden sie mit anderen Bestandteilen (Ton/Mineralien/organische Stoffe) "verbacken", wodurch stabile Ton-Humus-Komplexe entstehen. Die staubfeinen pyrogenen Kohle-Partikel selbst sind sehr stabil und werden über Jahrhunderte (bis Jahrtausende?) nicht abgebaut.

Größere Pflanzenkohle (10 – 0 mm) sollte also nicht schaden, da immer genügend Staub vorhanden ist.

Re: Alternativen zu (Well-)Pappe und Papier als Strukturmaterial

Verfasst: Di 2. Jun 2015, 09:26
von dynamind
Danke! Das klingt für mich sehr logisch.
Ich glaube ich hole mir auch einen Sack Biokohle (und das Terra Preta Buch :P )

Re: Alternativen zu (Well-)Pappe und Papier als Strukturmaterial

Verfasst: So 4. Okt 2015, 22:28
von steff
Hallo zusammen,

angeregt von dem Thema habe ich versucht auch Karton zu vermeiden.
Als alternatives Strukturmaterial und C-Quelle habe ich dann Kleintier-Streu, also Hobelspäne verwendet. Ist billig, gibt es in jedem Supermarkt und sollte ohne Schadstoffe sein. Das sich das Material nicht so schnell zersetzt war nicht relevant.
Das hat aber gar nicht funktioniert. Den Würmern hat es nicht gefallen und sie waren träge und einige sind auch gestorben.
Ich vermute die Harze aus dem Nadelholz verhindern den Abbau und schaden den Würmern.
Also doch keine Alternative. Jetzt habe ich wieder Kartonagen und gehäckselte Blätter aus dem Wald genommen. Das Blattpuler (zusammen mit den Kartonstücken) lieben die Würmer. Ist schon vorzersetzt und hat auch sicher gute Bakterien / Pilze dabei. Jetzt sind sie wieder quicklebendig.
Hier (engl.) wird auch geschrieben, man soll zwei bis drei unterschieldliche Strukturmaterialien verwenden:
http://ir.library.oregonstate.edu/xmlui ... em9034.pdf
Ach ja die Blätter waren zwei Tage in der Tiefkühltruhe, damit ich da keine Hundertfüßler etc. einschleppe.


Grüße,
Stefan