Wurmmama hat geschrieben:
Im Übrigen habe ich jetzt in einem von Wurmbärs Links gelesen, dass nicht die Menge an Dünger ausschlaggebend für Erfolg oder Mißerfolg ist, sondern die Bodenqualität, insbesondere der Gehalt an Mikroorganismen eine entscheidende Rolle spielt.
Ich glaube die Rolle des Düngers wird häufig sehr stark überbewertet. Es kommt dem Versuch gleich, einen Menschen ausschließlich mit Vitaminen und künstlichen Nahrungsergänzungsstoffen aufpäppeln zu wollen. Dünger kann zwar durchaus ein Maximum an Wachstum bewirken, robuste, gesunde und widerstandsfähige Pflanzen entstehen generell unter etwas kargeren Bedingungen, also unter suboptimalen Bedingungen. Von Geschmack und Aroma mal ganz zu schweigen. Ein typisches Beispiel wären Gewürzpflanzen wie Thymian und Majoran. Gedüngte Exemplare werden riesig, produzieren aber kaum noch ätherische Öle und lassen ihr intensives Aroma nur noch ahnen. Einen Tyhmian auf einem knochentrockenen, sonnigen Kiesbeet rieche ich schon beim Durchgehen intensiv.
Naturgärten arbeiten sehr viel mit Kies, Sand und Schotter als Substrat. Ein Großteil der einheimischen Arten ist an diese kargen Bedingungen angepasst, Karden und Königskerzen werden unter diesen asketischen Bedingungen locker übermannshoch. Sobald ich dünge bricht das System komplett zusammen, die Pflanzen können ihr eigenes Gewicht nicht mehr tragen, wachsen sich buchtstäblich zu Tode und stickstofftolerante Allerweltsarten (Löwenzahn, Ampfer, Brennessel, Quecke) übernehmen das Ruder. Düngung in freier Wildbahn zerstört die Artenvielfalt eines Standortes.
In meinen Augen muß in erster Linie das komplette Umfeld der Pflanze stimmen, dafür ist unter anderem eine intakte Pflanzengesellschaft und eine gesunde Bodenfauna entscheidend, die durch exzessive Düngung häufig zerstört wird. Stark gedüngte Pflanzen - die ja dann meist auch noch in völlig instabilen Monokulturen wachsen - sind anfälliger gegen "Schädlinge", der Einsatz von Herbiziden, Insektiziden und Fungiziden ist vorprogrammiert. Immer wenn ich ein biologisches System auf Höchstleistung trimmen will, bleibt in meinen Augen Qualität auf der Strecke, in welchem Ausmaß sei dahingestellt. In den Gewächshäusern in Holland wachsen Tomaten häufig nur noch in reinen Nährlösungen, die eine effektivere Produktion erlauben. Der Geschmack dieser roten Mogelpackungen ist ja hinlänglich bekannt. Die "Optimierung" durch Düngergaben ist nur aus der rein gewinnorientierten Sicht des Menschen ein Optimum, aus Sicht der Pflanze dagegen keineswegs! Ein schönes Beispiel sind auch die mastigen, aufgeschwemmten botanischen Gartencenterzombies, die in der Regel keine allzu lange Lebenserwartung haben. Pflanzen werden hier zunehmend zu einem Konsum- und Wegwerfartikel. Es ist auch ein Unterschied, ob ich lediglich dünge um Mangelerscheinungen bei einer Kulturpflanze zu vermeiden, oder ob ich ein Maximum an Pflanzenmasse erzwingen will. Unser Hauptproblem sind nicht nährstoffbedingte Mangelerscheinungen, sondern die völlig Überdüngung unserer Kulturpflanzen.
Zusammenfassend hat für mich ein Zuviel an Dünger deutlich dramatischere Folgen als ein Zuwenig.
LG Werner